Beim Auschecken in Haast wieder einmal das übliche Phänomen:
Man quatscht sich fest. Der Motel-Mitarbeiter ist neugierig und interessiert,
fragt nach, wie anders es in Deutschland ist, was man so macht, wie es einem in
Neuseeland gefällt. Erzählt über die eigenen Auslandserfahrungen, beantwortet
bereitwillig die Fragen, die man so hat – und ehe man sich versieht, sind 10
bis 20 Minuten um.
Meine Frage in diesem speziellen Fall: Wieso hängen an
manchen Zäunen entlang des Weges Dutzende Schuhe? Antwort: Ein Tourist fängt
damit an, seinen kaputten Schuh zu entsorgen, indem er ihn an einen Zaun hängt,
andere machen es ihm nach und in kürzester Zeit hat man ein lebendiges
Kunstwerk geschaffen. An einem Zaun hatte man (na ja, wohl eher frau) BHs
entsorgt, nach einer Weile haben aber die Behörden dieses Kunstwerk demontiert.
Neuseeländer sind nun mal prüde.
Am Fox Glacier machten wir noch einen Abstecher zum Lake
Matheson, an dessen Ufer wir jedoch nur bis zum ersten Aussichtspunkt
entlangwanderten. Wie gesagt: Wir sind nicht die Freaks, wenn es ums Wandern
geht. Aber wie zuvor bereits angedeutet: Die Neuseeländer wandern, trekken,
marschieren, biken etc. mit erstaunlichem Eifer. Es gibt überall
kartographierte Routen mit unterschiedlicher Dauer, Schwierigkeitsgrad,
teilweise sogar für Rollstuhlfahrer geeignet.
In Haast bogen wir dann ab in Richtung Osten. Es gibt nur
wenige West-Ost-Verbindungen auf der Südinsel, denn die „Südlichen Alpen“, wie
die Neuseeländer die dortigen Gebirgszüge nennen, sind sehr schwer zu
passieren. Bei Haast zweigt die südlichste Straße zur Ostküste ab, obwohl es
von Haast aus noch rund 450 km bis zur südlichsten Stadt Neuseelands (Invercargill)
sind.
Wir fuhren über den Haast-Pass bis nach Wanaka, wo wir eine Übernachtung
einlegten. Die Landschaft war atemberaubend schön! Entlang des Lake Wanaka und
des Lake Hawea hielten wir andauernd (die Straße schlängelt sich zwischen
beiden Seen über eine Länge von ca. 50 km hindurch), weil die Aussicht hinter
jeder Kurve so umwerfend und jedes Mal anders war.
In Wanaka mussten wir uns dann überlegen, was wir an den
verbleibenden Tagen machen wollten. Da wir blauäugig davon ausgegangen waren,
dass für die Einreise nach Neuseeland das Rückflugticket Bangkok – Deutschland
ausreichen würde, hatten wir nur einen Hinflug nach Auckland gebucht, um frei
entscheiden zu können, wie lange wir in Neuseeland bleiben wollten. Die
Fluggesellschaft wollte uns aber in Singapur nicht einchecken, sofern wir kein
gültiges Rückflugticket vorweisen könnten. Deshalb mussten wir uns ganz schnell
entscheiden: Wie lange wollen wir in Neuseeland bleiben? Vielleicht gefällt es
uns ja nicht, vielleicht ist das Wetter ja ganz mies … und vielleicht können
wir das Ticket später ja auch umbuchen. Also entschieden wir uns für den 18.
April als Rückreisedatum ab Christchurch nach Bangkok. Leider ließ sich das
Ticket dann aber doch nicht umbuchen, sodass uns für das Bereisen der Südinsel nur 8 Tage blieben, denn
wir hatten den Mietwagen für die Nordinsel fest gebucht und auch bereits einige
Hotels auf unserer dortigen Strecke (Ostern!).
Wir entschieden uns für Queenstown statt Dunedin, eigentlich
nicht einmal für Queenstown sondern vielmehr für Glenorchy, da zwischen
Queenstown und Glenorchy viele Szenen aus „Herr der Ringe“ gedreht worden
waren. Wir fuhren also von Wanaka aus weiter nach Süden statt nach Osten, was
weniger beschwerlich gewesen wäre, aber Chang wollte mir den Gefallen tun!
Wir hielten an der „Brüllenden Meg“ (Roaring Meg), einer
Stromschnelle, die zur Stromerzeugung genutzt wird, und in Arrowtown, einem
ehemaligen Goldgräberstädtchen. Sehr idyllisch!
Dann ging es weiter auf den
Spuren der Hobbits und Gandalfs. Wir hielten in der Wilson Bay, schauten herab
auf Pig Island („Schweineinsel“) und machten zum Schluss in Glenorchy Rast. Die
Szenerie war überwältigend. Wir wurden nicht müde, uns gegenseitig zu
versichern, wie bizarr und eindrucksvoll die Landschaft sei, wie ungewöhnlich
die Farben des Himmels, der Berge, des Wassers und wie andersartig die
Wolkenformationen.
Auf der Weiterfahrt machten wir kurz vor Cromwell noch zwei
Stopps: Einmal, um den Bungee-Springern auf der Kawarau-Brücke zuzuschauen (Bungee-Jumping
wurde in Neuseeland „erfunden“!) und zum anderen, um einen Blick auf eine alte
Goldmine zu werfen.
Dann ging es weiter über den Lindis-Pass, ebenfalls ein
Drehort von LOTR, in ein kleines Örtchen namens Omarama, wo wir übernachteten
und ich zum Abendessen endlich meine Lammkeule mit Mintsoße bekam!
Am Morgen fuhren wir nach einem typisch neuseeländischen
Frühstück bestehend aus Eiern, Speck, Würstchen, gebratenen Bohnen und
Kartoffelplätzchen mit viel Kaffee und Orangensaft weiter nach Twizel am Fuße
des Mount Cook. Der Mount Cook ist mit 3757 m Neuseelands höchster Berg und vom
Lake Pukaki aus konnten wir einen Blick darauf werfen.
Der nächste Halt war am
Lake Tekapo, wo uns wieder die Farbe des Wassers zum ungläubigen Kopfschütteln
verleitete.
Und dann über den Burke Pass zur Ostküste!
In Timaru, seit Nelson
die erste wirklich größere Stadt (wir hatten Queenstown ja umfahren), tranken
wir eine Tasse Kaffee, bevor wir dann die restliche Tagesetappe in Angriff
nahmen. Über Geraldine fuhren wir heute noch bis Methven, einem bekannten Örtchen
am Mount Hutt, einem weiteren Ski-Gebiet, zu dem im Winter von Christchurch aus
täglich Shuttle-Busse fahren.
Am nächsten Tag machten wir nach einem kurzen Stopp in
Ashburton einen Abstecher zur Banks Peninsula östlich von Christchurch.
Hier in der Umgebung von Christchurch war auch wieder mehr
von der Maori-Kultur zu spüren. Chang schraubte den alten Nissan, den wir für
die Fahrt durch die Südinsel gemietet hatten, über die Hügel bis nach Akaroa,
einem wunderschönen Küstenstädtchen mit viel französischem Flair. Allerdings
habe ich bei den doch etwas bescheidenen 17 ° auf das Schwimmen mit den
Delfinen verzichtet.
Die Mietwagen sind hier wirklich durch die Bank alte
Gurken. Aber dieses Auto hatte bereits über 226.000 km auf der Uhr und der
Zustand war entsprechend. In Neuseeland ist das aber normal! Auch das spricht
für unseren Eindruck, dass Neuseeland wirtschaftlich nicht so gut dasteht.
Auf
dem Rückweg nach Christchurch hatte das Wetter sich verändert: Die Wolken
reichten jetzt auf ca. 600 m herab, d.h. dass wir die Hügel nunmehr in den
Wolken überqueren mussten. Alles in allem war dieser Abstecher eine richtige
Herausforderung.
In Christchurch angekommen waren wir vollkommen überrascht,
wie sehr die Erdbebenschäden aus September 2010 und Februar 2011 immer noch das
Stadtbild prägen. Es gibt nach wie vor mitten im Stadtzentrum eine große „Rote
Zone“ (Red Zone), die gänzlich abgesperrt ist, weil dort die Trümmer noch nicht
beseitigt wurden. Die Aufräumarbeiten dauern so lange, weil a) das Geld fehlt
und b) Versicherungsfragen noch nicht geklärt sind. In anderen, weniger
betroffenen Stadtbezirken wird dagegen ganz schnell ganz viel aufgebaut, so
entwickelt sich in Papanui ein neues Zentrum, wobei vieles den Anschein eines
Provisoriums erweckt – bis hin zum Bau einer neuen Kathedrale aus Rigips! Die
„Card-board Cathedral“ soll Ende dieses Jahres fertig werden.
Leider war das
Wetter an unserem letzten Tag in Christchurch bzw. Neuseeland richtig
schmuddelig und kalt, so dass wir nicht viel unternehmen konnten und wollten.
Wir kauften noch ein paar Souvenirs ein (was äußerst schwierig ist, denn außer
Wollpullovern und Lanolin-Seife oder Maori-Schnitzereien, für die man eine Ader
haben muss, ist nicht viel Originelles zu finden) und gingen früh zu Bett, da
am nächsten Morgen um 4 Uhr der Wecker klingeln würde, denn unser Flug zurück
nach Bangkok ging zu einer wirklich unchristlichen Zeit.
Fazit:
Wir hatten eine wunderschöne Zeit in Neuseeland und haben unheimlich viel gesehen. Chang hat auf der Nordinsel insgesamt 2613 km und auf der Südinsel nochmals 1968 km zurückgelegt. Vielen, vielen Dank!
Wir hatten eine wunderschöne Zeit in Neuseeland und haben unheimlich viel gesehen. Chang hat auf der Nordinsel insgesamt 2613 km und auf der Südinsel nochmals 1968 km zurückgelegt. Vielen, vielen Dank!
Ich habe mir die Fahrerei wegen meiner Augen und der dadurch
bedingten Unsicherheit nicht zugetraut, sodass er das alles alleine bewältigte.
Während die Nordinsel mehr an Abwechslung zu bieten hat, ist speziell die
Westküste der Südinsel atemberaubend schön.
Mit dem Wetter hatten wir viel
Glück. Bis auf den allerletzten Tag in Christchurch (und ein paar Stunden in
Wellington sowie auf der Fahrt nach Punakaiki)!
Neuseeland ist für Leute, die
auf Outdoor-Aktivitäten stehen, ein Paradies. Aber für Leute wie uns hat es
auch sehr, sehr viel an Szenerie zu bieten.
Wir hatten uns das Land
fortschrittlicher und wohlhabender gedacht. Der 60er-Jahre-Charme, der überall
zu finden ist, wirkt nicht unbedingt reizvoll.
Auch dachten wir, dass die
Preise ein etwas niedrigeres Niveau hätten. (Im Schnitt muss man auf deutsche
Preise ein Drittel draufschlagen.)
Kulinarisch ist Neuseeland nicht unbedingt
das Paradies. Das gastronomisch Beste hier sind die indischen Restaurants.
Aber
die Landschaft! Die Farben! Und nicht zu vergessen: Die freundlichen, zuvorkommenden,
hilfsbereiten Menschen!
Deshalb, irgendwann: Auf Wiedersehen: Haere ra!
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